Samstag, 27. August 2016

Panama City (20. - 22. August)

Nicht gerade hellwach und mit ein bißchen Kopfweh steige ich um 5:15 ins Taxi zum Flughafen. Die Fahrt dauert nur wenige Minuten und früher als gedacht stehe ich am Schalter von Viva Colombia. Dank dazu gebuchter „Fast Lane“ bin ich gleich dran und mein Gepäck los. Nach einem kurzen Bummel durch die Geschäfte im öffentlichen Bereich des Flughafens gehe ich durch die Passkontrolle. Als ich nach einiger Wartezeit endlich an der Reihe bin, muss ich dem Beamten zu einem anderen Schalter folgen, an dem die Chefin arbeitet. Warum und wieso weiß ich nicht. Aber nach einigen Minuten bekomme ich von ihr meinen Pass gestempelt zurück. Mal was Neues… Jetzt bin ich jedenfalls offiziell aus Kolumbien ausgereist und irgendwie finde ich das auch schade. Ich wäre gerne noch geblieben. Aber Panama ist ja (wahrscheinlich) auch nicht schlecht. Der Abflug verzögert sich, das Gate wird von einem Endes des Flughafen an das andere (weit entfernte) Ende verlegt, aber mit gut einer Stunde Verspätung geht es dann mit der kolumbianischen Version von Ryanair und Easyjet nach Panama. Der Flug dauert knapp 1 ½ ereignislose Stunden. Hätte ich gewusst, wie der Tag weitergehen würde, ich hätte die Ereignislosigkeit mehr genossen… 


 Viva Colombia fliegt nicht den internationalen Flughafen von Panama City an, sondern eine ehemalige US-Air Base auf der anderen Seite des Kanals. Anders als sonst bei Billigfliegern ist der Flughafen sogar deutlich näher an der Stadt. Damit wären aber die Vorteile auch schon aufgezählt. 


Quälend langsam geht die Einreise vonstatten. Das kann am großen Flughafen auch nicht länger dauern. Dann wird es richtig schön – mein Gepäck ist nicht da. Als einzigstes. Das kann doch jetzt nicht wahr sein. So richtig interessieren tut das niemanden, schon gar nicht die lustlose Dame, die für die Fluggesellschaft arbeitet. Nach über 40 Minuten „darf“ ich endlich die Verlustanzeige mit ihr erfassen. Sie kommt aber mit dem Formular so gar nicht klar und eigentlich will sie nur ihre Ruhe. Und dem stehe ich im Wege. Sie versichert mir, dass das Gepäck mit dem nächsten Flug – also morgen – nachgeliefert wird. Direkt zum Hotel. Sie gibt mir dann noch eine Handynummer, wo ich morgen nachfragen kann, dann ist für sie die Sache erledigt. Und ich stehe in meinem „Winter“klamotten für das kalte Bogotá im tropisch-warmen Panama. Super! Mittlerweile sind auch alle regulären Taxis weg und es bleibt mir nur, ein teures Spezialtaxi für US$30 zum Hotel zu nehmen. Auf dem Weg dorthin zapfe ich noch Dollars (die hierzulande auch Balboa heißen und die Landeswährung sind) und kaufe eine SIM-Karte samt Guthaben. Und dann sind wir schon am Hotel San Remo in einer wenig repräsentativen Ecke der Stadt angekommen. Das Hotel passt ganz hervorragend in dieses Viertel – so viel lässt sich schon an der Rezeption erahnen. Die Dame an der „Rezeption“ ist alles andere als enthusiastisch, geschweige denn sympathisch. Oh Mann, warum bin ich nur weg aus Kolumbien??!! Und dann stehe ich in meinem Zimmer. Wenn man das so nennen möchte. Ein muffiges, dunkles Loch mit fleckig-pinken Wänden ohne Fenster und mit einer alten Klimaanlage, die nach Schimmel stinkt. Das hat mir heute noch gefehlt. Und so ein Schuppen wird auf booking.com mit „gut“ bewertet?! Na bravo!

 
Nach meiner ersten depressiven Phase gehe ich runter zur Rezeption und bitte mit Nachdruck um ein anderes Zimmer, das den Fotos auf booking.com wenigstens nahekommt. Nach einigem Hin- und Her wird mir eines versprochen, das ich mir aber zuerst einmal anschauen möchte. Das Zimmer ist zwar auch nicht gerade gemütlich, aber mit großem Fenster und neuer Klimaanlage eine ganz andere Kategorie. Das ist akzeptabel. Allerdings muss ich noch 3 Stunden warten bis ich umziehen kann. Nachdem ich überhaupt keine tropentaugliche Kleidung mehr habe (außer den Flipflops, die ich im Handgepäck hatte), brauche ich dringend ein Einkaufszentrum. Und davon gibt es in Panama Stadt einige. Das größte ist die Albrook Mall. Im Internet lese ich, dass „Uber“ die perfekte Art ist, sich in der Stadt zu bewegen. Also lade ich mir die App runter und registriere mich. Die erste Fahrt ist sogar kostenlos. Und das funktioniert super – ein modernes Auto, ein netter Fahrer und absolut faire Preise. Dafür sind die Taxifahrer hier nicht bekannt… In wenigen Minuten bringt mich der erste Fahrer zur Mall und dann shoppe ich los. Ohne jegliche Lust, aber was soll ich tun. Die Mall ist riesig und aus irgendeinem Grund wiederholen sich ständig die Läden. So weiß ich nie so genau, ob ich an der Stelle schon einmal war oder nicht. Das hebt die Laune. Schließlich kaufe ich Unterwäsche, eine Short und Funktions-T-Shirts und dann gehe ich zum Supermarkt ganz am anderen Ende der Mall und kaufe Duschgel und was man sonst noch so dringend braucht. Und schon sind $80 weg. Ich laufe an einem Crepes & Waffles-Restaurant vorbei und gehe kurzentschlossen hinein. Ich habe wirklich keine Lust mehr mir heute noch etwas anderes zu suchen. Mein Crepe mit Shrimps in Currysauce ist sehr gut und 5x so teuer wie in Kolumbien, aber was soll´s. 


Immer noch nicht sonderlich gut gelaunt fahre ich mit Uber in mein Hotel und verbringe den restlichen Abend auf dem Bett in meinem deutlich schöneren Zimmer und schaue Fernsehen.


Erstausstattung
 
Am nächsten Morgen schlafe ich bis halb neun und rufe dann gleich bei der Airline an. Mein Gepäck kommt mit der Maschine heute und spätestens am frühen Nachmittag ist es im Hotel. Die Dame erzählt mir, dass man ihr in Bogotá gesagt hätte, mein Gepäck wäre irrtümlich wieder ausgeladen worden, weil man dort dachte, ich wäre nicht an Bord. Das kommt mir mehr als komisch vor, denn es gab nie einen Aufruf, die Verspätung lag laut Pilot an einem nötig gewordenen Flugzeugwechsel und ich war auch noch der erste an Bord… Na gut. Ich fahre erst einmal mit der ultramodernen Metro in Richtung historisches Zentrum, so wie im Hotel empfohlen. Die Fahrt dauert eine Station – da wäre ich besser gelaufen, dann hätte ich keine Metrocard kaufen müssen. Von der hässlichen und heruntergekommenen Plaza Cinco de Mayo laufe ich die ebenfalls wenig anheimelnde Avenida Central entlang. Links und rechts Läden mit billigen Haushaltswaren, Losverkäufer, Minimärkte (immer von äußerst unfreundlichen und nicht Spanisch sprechenden Chinesen betrieben) und Läden für Chinaschrott aller Art. Hauptsache Plastik und billig. Ab der Plaza Santa Ana, dem Eingang zur Altstadt, ändert sich das Straßenbild schnell und gründlich. Zwischen halb oder ganz verfallenen Häusern stehen immer mehr perfekt restaurierte Stadtpaläste. Die Altstadt Panamas ist seit 1997 Weltkulturerbe der UNESCO. Ich hatte mir eine Stadt ähnlich wie Cartagena vorgestellt, aber Panama wirkt eher wie Bilder, die ich von New Orleans kenne, also eher französisch als spanisch. Viele Häuser sind sehr schön und aufwendig renoviert. In einem dieser Häuser unweit der Plaza Central befindet sich ein einladendes, schickes Café. Genau das, was ich jetzt brauche. Ich bestelle mir einen Cappuccino und einen kleinen Pie de Limón, also Limettentorte. Sehr lecker.

 
Danach erkunde ich die Altstadt weiter. Die ist schon schön, vor allem der Kontrast zwischen überrenoviert und abbruchreifen Ruinen (zum Teil bewohnt) ist reizvoll, aber irgendwie hatte ich mir mehr Flair, mehr Stimmung erwartet. Freiluftcafés oder Leben auf den Plätzen eher Fehlanzeige. Auf der Plaza Central ist heute immerhin so eine Art Nachbarschaftsfest mit einigen Kiosken und lauter Musik.










 
 Ich ziehe ziellos um die Häuser und ja, das ist nett, aber dafür muss man nicht nach Panama kommen, finde ich. Ich unterhalte mich ein paar Mal ganz nett mit Straßenverkäufern und einer anglo-kolumbianischen Familie, die seit ein paar Jahren in Panama Stadt lebt. Dann kaufe ich noch ein panamaisches Nummernschild und Kühlschrankmagnete in einem Souvenirmarkt. 


















Indianerin der Kuna Yala in ihrer Tracht mit den typischen Molas





Aufgepimptes Fahrrad







 






Der Arco Chato, der Jahrhunderte überlebt hat, war ein gutes Zeichen für den Kanal . es gibt keine nennenswerten Erdbeben

Aber dann reicht es mir für heute mit der Altstadt und ich nehme ein Taxi zur Miraflores-Schleuse am Panamakanal. Der Eintritt ist happig, aber wenn man schon mal da ist… Noch scheint die Sonne, aber in Richtung Süden wird es schwarz wie die Nacht. Bald geht die Welt unter! Ein passender Moment um im Hotel telefonisch nachzufragen, ob mein Gepäck in der Zwischenzeit vorbeigebracht wurde. Die niederschmetternde Antwort lautet „NO“. Das kann doch jetzt nicht wahr sein, oder?!? Ich rufe sofort die Handynummer der Airline an, aber da geht nur die Mailbox dran. Ich hinterlasse eine (energische) Nachricht, rufe dann die Hotline von Viva Colombia in Kolumbien an und verschwende eine Menge Geld ohne irgendwie weiter zu kommen. Zum aus der Haut fahren! Ich habe nur noch morgen, denn übermorgen fliege ich in die Karibik und danach geht es am nächsten Tag weiter nach Miami. Und wenn ich dann noch kein Gepäck habe, kann ich wohl vergessen, meine Tasche noch einmal zu sehen… Ich bleibe trotz mieser Stimmung am Kanal, denn für 17:00 Uhr sind Schiffe für eine Schleusendurchquerung angekündigt. Das will ich sehen. Und es ist auch wirklich sehenswert wie sich die großen Pötte in die engen Schleusenkammern zwängen. Im Hintergrund fährt ein Super-Containerschiff durch den neuen Kanal… Beeindruckend. Das Passieren der Schleuse geht dann erstaunlich schnell und bald haben die Schiffe Miraflores hinter sich gelassen und ich sitze im Taxi zum Hotel. 




Noch scheint die Sonne - innerlich wie äußerlich!

Der neue Kanal






Ich habe keine große Lust mehr vor die Tür zu gehen und lasse mir stattdessen eine Pizza von Domino´s kommen, kaufe zwei Bier und lege mich nach dem Essen auf´s Bett. 

 
Und es kommt der nächste Morgen, der natürlich mit einem Anruf bei Viva Colombia beginnt. Es meldet sich ein gewisser Juan Carlos, der mir zuerst einmal zusagt, dass ich für den gestrigen Tag ohne Gepäck $50 erhalte und ich die hoffentlich zusammen mit meinem Gepäck zugestellt bekomme. Ich soll mich gegen 11:30 Uhr wieder melden. Also gut. Dann fahre ich jetzt erst mal in die Altstadt und spaziere da rum. Zum Frühstück leiste ich mir wieder einen Cappuccino mit Pie de Limón und lustwandle weiter.






Was ist härter als der Tod? Das Vergessen!
  
 
Leicht nervös rufe ich um 11:30 Uhr bei der Airline an. Jetzt spreche ich wieder mit der Dame. Sie erzählt mir, dass ihr die Zentrale in Bogotá bestätigt hat, dass mein Gepäck in der heutigen Maschine sein wird und dass die gerade im Landeanflug ist. Sie wird mich dann in einer halben Stunde zurückrufen und mir die Ankunft bestätigen. Ich warte, zunehmend nervöser und als ich auch nach einer Stunde noch nichts von ihr gehört habe, rufe ich wieder an. Dann haut´s mir fast den Vogel raus – das Gepäck ist nicht dabei, weil die Maschine aus Medellín und gar nicht aus Bogotá gekommen ist, weil heute kommt gar keine Maschine aus Bogotá. Auf meine – unter Schnappatmung – gestellte Frage, wie dann in aller Welt die Zentrale die Ankunft mit dem heutigen Flug aus Bogotá zusagen konnte und wie es sein kann, dass sie als Mitarbeiterin von Viva Colombia bei einer sehr überschaubaren Zahl der Flüge nicht weiß, dass heute gar keine Maschine aus Bogotá kommt, kommt eine ausweichende Antwort. Als ich dann sage, dass ich langsam nichts mehr glaube, was sie mir sagt, ist sie spürbar beleidigt. Das ist mir aber auch vollkommen egal. Ich brauche wirklich keine Märchenstunde… Sie will schon auflegen als ich sie bremse und frage, wie ich denn nun an die mittlerweile $100 komme, die mir zustehen. Das überfordert sie. Aber ihr Chef im Hintergrund coacht sie durch das Gespräch. Sie versichert mir, dass sie sofort einen Kurier beauftragt, der sich in allerspätestens 15 Minuten bei mir meldet um einen Treffpunkt auszumachen. Na dann. Es ist wenig überraschend, dass ich nach 15 Minuten keinen Anruf bekomme. Auch nicht nach 150 Minuten. Immer wieder hinterlasse ich innerlich und zunehmend auch äußerlich kochend Nachrichten auf der Mailbox des Airline-Handys. Nichts!

Drückt die Stimmungslage perfekt aus!
Wütend fahre ich los, um zu kaufen, was ich für die nächsten drei Tage Karibik so brauche. Zuerst fahre ich in die Altstadt. Wenn ich schon ein Badehandtuch kaufen muss, dann wenigstens eines mit Panama-Motiv als Souvenir. Gerade als ich das Handtuch zahlen will klingelt mein Handy. Oh Wunder, die Dame von Viva Colombia. Sie will mir die $100 vorbeibringen. Ich sage ihr, wo ich bin und sie meint, sie wäre gleich da. Über eine Stunde (!) später steigt sie aus einem Taxi und übergibt mir das Geld. Dabei teilt sie mir mit, dass das Gepäck morgen 1000%ig kommt. Sie scheint sich über meinen Mangel an Vertrauen zu ärgern. Sei´s drum. Dann zischt sie ab und ich fahre in die Mall und besorgen alles, was ich noch brauche. Und schon sind die $100 weg. Panama ist alles andere als ein Billigland. Dann noch ein Crepe bei Crepes & Waffles und zurück ins Hotel,wo das Packen für die nächsten drei Tage nicht allzu lange dauert.


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