Die Nacht war alles andere als gut - mein Rücken hat mich arg gequält. Und das, obwohl das Bett eigentlich super ist. Das kann ja ein Tag werden... Nach dem Frühstück (die übliche Plastikorgie) gehe ich in den Pool und hoffe, die Schwimmbewegungen helfen. Und tatsächlich, es scheint etwas zu bringen. Als ich kurz darauf ins Auto steige, geht es etwas besser. Heute liegt ein ganz besonderes Stück Highway vor mir - 113 Meilen auf dem Overseas Highway über 42 Brücken von Floridas südöstlichem Festland bis Key West, dem südlichsten Punkt der kontinentalen USA. Dafür habe ich eigentlich das Cabrio gemietet. Und es ist trocken heute. Und warm ist es ja sowieso.
Die ersten zwanzig Meilen bis Key Largo sind eher langweilig und auch Key Largo ist noch nicht viel mehr, als ein Straßendorf. Ab Islamorada wird die Fahrt dann aber richtig atmosphärisch - nicht zuletzt auch dank des Cabrios. Es riecht nach Salz und Blumen. Hin und wieder riecht es eher unangenehm aus den Mangroven, die manchmal die Straße auf beiden Seiten begrenzen. Eine Fahrt für alle Sinne!
Einen ersten Stop mache ich am Anne´s Beach auf Lower Matecumbe Key. Mein Rücken freut sich, auch wenn der Strand, wie ich finde, nicht gerade zum (sonnen)baden einlädt. Aber ich bin natürlich auch verwöhnt.
Also fahre ich weiter nach Grassy Key, wo ich den Curry Hammock State Park besuche. Die $4,50 Eintritt hätte ich mir sparen können, denn den muss man anscheinend nur für den (ebenfalls nicht allzu einladenden) Strand zahlen. Ich will aber auf den Nature Trail und durch die Mangroven- und Palmenvegetation der Küste spazieren. Der Trail ist hübsch, aber es ist unerträglich schwül im Dickicht und Moskitos gibt es auch mehr als genug. Deswegen entscheide ich mich für die kurze Variante.
Bald erreiche ich die Seven-Mile-Bridge - sieben Meilen links und rechts nur türkises und smaragdgrünes Meer, vor mir ein Band aus Asphalt. Und über mir im milchig-dunstigen Himmel die Sonne. So habe ich mir das vorgestellt - also bis auf das mit dem Rücken. Aber auch das geht irgendwie.
Gut zwanzig Meilen vor Key West mache ich Halt bei Baby´s Coffee. Laut Reiseführer soll es hier den besten (selbst gerösteten) Kaffee und einen vorzüglichen Key Lime Pie geben. Das muss ich natürlich probieren. Den Key Lime Pie gibt es nur noch gefroren, dafür ist der Kaffee umso heißer - und das bei 38°C Lufttemperatur. Ich nehme den Pie mit, denn bis zum Hotel ist der sicher aufgetaut und dann kann ich eine Hälfte heute und die andere morgen zum Frühstück essen.
Kurz vor Key West wird der Himmel schwarz, aber es bleibt trocken. Das Hotel, oder besser das Bed & Breakfast ist dank Navi auch schnell gefunden und schon von außen wunderschön - ein typisches Key West-Holzhaus. Ich werde freundlich empfangen und nach einer Stärkung mit frischem Cookie und Himbeerlimonade beziehe ich mein hübsches, geschmackvoll eingerichtetes Zimmer im ersten Stock und gehe dann kurz an den Pool.
Jetzt wird es Zeit, Key West zu erkunden. Schnell wird klar, dass Key West ein wirklich besonderer Ort ist. In der Altstadt stehen traumhaft schöne Holzhäuser mit Veranden und üppigen tropischen Gärten. Die Melange der Menschen ist auch nicht ganz alltäglich - hier treffen Pauschalurlauber aus allen Teilen der USA auf Althippies, Südstaatler, Freaks, Schwule und Lesben. Und alles ganz harmonisch nebeneinander. Vielleicht nicht überraschend, dass der Slogan der Insel "One Human Family" lautet. Der südlichste Punkt der Südstaaten ist vielleicht auch der toleranteste.
Bei ultraschwülen 35°C kommt mir ein Eisladen mit selbstgemachtem Eis aus tropischen Früchten gerade recht. Guave und Passionsfrucht...mmmh, lecker!
Ich schlendere mit meinem in Zeitraffer schmelzenden Eis die Duval Street hinauf in Richtung Mallory Square auf der Golf-von-Mexiko-Seite der Insel. Ein Haus schöner als das andere. Die Läden bieten hochpreisigen Krimskrams aller Art an - manches ist an Kitsch nicht zu überbieten. Die zweite Hälfte der Duval Street ist dann eigentlich eine lange Theke - eine Bar an der anderen, und natürlich auch die berühmte (und wahnsinnig teure) Hemmingway-Bar "Sloppy Joe´s".
Der Mallory Square ist der Ort, an dem sich Touristen und alle möglichen Exzentriker abends zu einem "Happening" treffen. Diverse Künstler und die, die sich dafür halten, buhlen um die Aufmerksamkeit und die Dollars der Gäste. Eine sehr unterhaltsame Mischung, auch wenn ich in nächster Zeit keine Dudelsackmusik mehr hören kann!
Die ganze Lauferei hat meinem Rücken ganz gut getan, aber zur schnelleren Genesung brauche ich Arznei. Das passende homöopathische Mittel ist schnell gefunden - es heißt Mojito und wird am besten in einer Open-Air-Apotheke mit kubanischer Live-Musik innerlich angewendet. Da sich eine spürbare Verbesserung einstellt, wiederhole ich die Einnahme. Viel hilft halt viel. Da man Mojitos nicht auf nüchternen Magen einnehmen soll, bestelle ich mir Garnelen in Kokospanade. Zusammen mit Drinks, Musik und tropisch-lauer Nacht eine perfekte Mischung!
Geraume Zeit später wanke ich nach Hause und falle ins Bett. Nicht aber ohne mir zuvor noch einen halben Key Lemon Pie am Pool zu gönnen und dann zwei Folgen Golden Girls im Fernsehen anzuschauen.
Wie stand schon auf dem Schild in der Duval Street: Life is good. Also heute stimmt das auf alle Fälle!
Ich schlafe wunderbar in meinem Hochbett und stehe erfrischt und weitgehend schmerzfrei auf. Die Sonne strahlt von einem tiefblauen, fast wolkenlosen Himmel. Und das Frühstück - mit der anderen Hälfte Key Lime Pie - ist lecker und nicht ganz so viel Plastik wie sonst. Nach einem kurzen Stop am (bzw. im) Pool und einer Dusche (wozu weiß ich eigentlich auch nicht, denn das Schwitzen fängt ja jetzt erst an) schmeiße ich meine paar Sachen ins Auto und spaziere dann durch die Straßen und Sträßchen der Altstadt. Nahezu jedes Haus ist so schön, dass man sich gar nicht sattsehen kann!
Aus irgendeinem Grund läuft auf Key West jede Menge Federvieh herum |
Wandmalerei im Bahama Village |
Flagge der "Conch Republic", wie sich die Keys nennen seitdem sie aus Wut auf Washington kurz ihre Unabhängigkeit erklärt haben |
Viel stimmungsvoller geht es wirklich nicht. Ich würde gerne noch bleiben, aber es ist schon Mittag und bis Fort Lauderdale sind es gut 4 Stunden Fahrt. Und die will ich eigentlich an einem Strand auf den Keys unterbrechen. Also noch schnell das obligatorische Selfie am (gar nicht wirklich) südlichsten Punkt der kontinentalen USA und zum Fort Zachary Taylor, das mich aber nicht wirklich fesselt. Nach einem Blick auf den Strand mit so manchem Gestrandeten steige ich ins Auto und fahre gut 40 Meilen bis zum Bahia Honda State Park.
Die Strände des State Parks sollen die schönsten der Keys sein und ich muss sagen, das ist schon sehr nett da. Glasklares warmes Wasser, weißer Sand, keine Sandfliegen, wenige Menschen und keine Häuser. Im Hintergrund die alte Eisenbahnbrücke und die neue Autobrücke. Hier halte ich es eine ganze Weile aus!
Aber irgendwann muss ich weiter, denn es ist schon kurz vor 5 und der allergrößte Teil der Strecke liegt noch vor mir. Irgendwie schade, aber nun gut. Natürlich fahre ich weiter mit offenem Verdeck - dazu habe ich das Cabrio ja schließlich. Die Fahrt so ganz ohne Rückenschmerzen und bei Bilderbuchwetter ist ein Traum!
Meine Fahrtrichtung ist oft fast leer, in Richtung Key West geht es ab den mittleren Keys Stoßstange an Stoßstange - und zwar bis Miami. Das lange Labor Day-Wochenende wirft seinen Schatten voraus. Auch im Hotel in Fort Lauderdale ist es deutlich voller als die Tage zuvor. Mein Gepäck ist schon in meinem neuen Zimmer. Dummerweise fehlt die Mikrowelle - und ich habe eben noch im Supermarkt mein TV-Dinner gekauft. Aber ein Anruf bei der Rezeption und wenige Minuten später habe ich meine Mikrowelle. Ich gehe noch ein wenig an den Pool, aber dann werden mir Leute und Moskitos zu viel und ich gehe ins Zimmer, ein bißchen fernsehen (ja, Golden Girls) und Bilder für Blog sortieren.
Am nächsten Morgen scheint die Sonne - zum ersten Mal in Fort Lauderdale. Das hält aber nicht lange und nach dem Frühstück regnet es erst einmal. Aber die Sonne spitzelt durch und über dem Meer ist blauer Himmel. Ich will an den Strand und fahre zur 30 Minuten entfernten Haulover Beach, wo man(n) streifenfrei braun bzw. rot werden kann. Genau über Haulover Beach hängen die Wolken und es schüttet wie aus Kübeln. Gemeinerweise sehe ich aus dem Auto, dass über dem Meer keine Wolke zu sehen ist. Aber die Wolken bewegen sich kaum.
Gerade als ich aufgeben will, schafft es die Sonne durch die Wolken. Jetzt oder nie. Ich gehe an den Strand - der ziemlich trocken ist. Am Ende hat es da gar nicht geregnet. Dafür spricht auch, dass sehr viele Leute da sind. Ich finde ein Plätzchen und kann es gar nicht glauben - der Atlantik liegt spiegelblank und glasklar vor mir. Die nächsten Stunden komme ich aus dem Wasser fast gar nicht mehr raus!
Genau! |
Abends fahre ich dann heim nach Fort Lauderdale und nach einer Runde im Pool schreibe ich endlich Postkarten und fange schon einmal an vorzupacken - morgen muss ich die Tropen verlassen!!!!!! :-(
Die Sonne strahlt schon vom wolkenlos-babyblauen Himmel als ich mich aus dem Bett schäle. Die nächste Stunde geht für´s Packen drauf. Wie soll ich das bloß ohne für Übergepäck zu zahlen nach Hause bringen?!? Aber erst mal ist alles verstaut. Ich überlege noch, ob ich nach Haulover Beach fahre und von dort direkt zum Flughafen. Aber wenn ich bei der Sonne 6 Stunden ohne Schirm und anderen Schatten am Strand liege, dann gehe ich danach als gekochter Hummer durch. Also bleibe ich am Pool und unterhalte mich gut. Ist ja auch schön.
Dann wird´s Zeit für die letzte Fahrt mit offenem Verdeck - zum Flughafen Miami. Die Fahrt dauert keine Dreiviertelstunde, es ist nicht allzu viel los auf den Autobahnen. Die Rückgabe des Mietwagens geht schnell und problemlos vonstatten. Aber dann wird es spannend. Die Dame am Check-In lässt mein Gepäck so nicht durch. Zu schwer. Aber meine Spanischkenntnisse helfen mir mal wieder - mit Verschwörermine meint die nette Latinodame (und am Flughafen Miami sind wirklich alle Latinos!) am Counter, dass ich einfach was in mein (schon sehr großes und schweres) Handgepäck umladen soll. Sonst müsste ich $ 100 für das Übergepäck zahlen. Eine Schweinerei, denn so viel hätte ein weiteres Gepäckstück a 23 Kilo gekostet. Und meine Tasche wiegt gerade mal 3 Kilo zu viel. Nach Umräumen von 2 Kilo bekomme ich (bzw. mein Kindersarg) grünes Licht. Glück gehabt. Jetzt gehe ich in Richtung Einlass zur Sicherheitskontrolle und werde mit meinem sehr voluminösen Handgepäck abermals aufgehalten. Diesmal versuche ich mein Glück gleich auf Spanisch und erkläre, dass ich eben am Schalter von American Airlines vor den Augen der Dame vom Check-In umgepackt habe. Mein Gegenüber meint nur, dass ich damit wirklich nicht durch kann, aber... und hier spart mir Spanisch wieder Geld... ich im Laden gegenüber eine billige Tasche als zweites Handgepäckstück kaufen kann. Die kostet $10 und dann könnte ich mit den beiden Handgepäckstücken ins Flugzeug. Gesagt, getan. Und es hat geklappt! Ich esse noch ein Stück Pizza und eine Empanada und dann ist auch schon bald Boarding. Vorher aber noch 15 Minuten Panik pur - auf einmal sehe ich auf einem Auge kaum mehr was, nur Flimmern und verschobene Bilder. Und es wird nicht besser. In meiner Not lasse ich die Ambulanz kommen, aber 1 Minute bevor sie mich erreichen, wird es genauso plötzlich wie es gekommen ist, wieder besser und nach ein paar Minuten ist es so, als wäre nie etwas gewesen. Was für ein Schreck!
Handgepäckstück Nummer 2 |
Neben mir sitzt ein gut 2 Meter großer (schlanker) Mann. In seiner Not nimmt er gut ein Drittel von meiner Rückenlehne und meinem Fußraum in Beschlag. Und der Platz ist eh schon alles andere als üppig. Zu allem Überfluss tut mein Rücken zunehmend mehr weh. Nach vier Stunden, in denen ich mich nicht rühren kann, reicht es mir und ich mache dem Mann klar, dass es mir für ihn Leid tut, aber ich den wenigen Platz wirklich selbst brauche. Ab dann ist es etwas besser und ich schlafe sogar (ca. 10 Minuten). Der Rest des Fluges vergeht dank Entertainmentsystem einigermaßen erträglich. In London Heathrow dann Hektik pur. Zuerst müssen wir kreisen, dann ist das Gate nicht frei und dann, eine Stunde vor meinem Anschlussflug, muss ich von Terminal 3 zu Terminal 5 - was fast 20 Minuten Busfahrt und lange Wege zum Bus und dann zum Gate (mit langwieriger Sicherheitskontrolle) bedeutet. Schweißgebadet komme ich am Gate an und darf als einer der letzten an Bord. Und dann stehen wir... zu viel los auf dem Rollfeld. Mit gut einer Stunde Verspätung startet die Maschine dann doch noch und ich will nur noch heim, kann meine Augen kaum mehr aufhalten und mein Kreuz schickt mir auch immer wieder Schmerzpfeile durch den Körper. Aber der Flug ist ja nicht lang und das Gepäck ist auch gleich da - und dann überraschen mich meine Eltern am Ausgang. ENDE GUT, ALLES GUT! Alles in allem war das wirklich ein wunderschöner, erlebnisreicher Urlaub. So viele Eindrücke - da kommt es mir so vor, als ob ich viel länger weggewesen sei. Ich hätte es aber auch noch spielend ein paar Monate (Jahre?) auf Reisen ausgehalten. Nun gut, dann muss es eben nächstes Jahr weitergehen!